Zeitungsartikel zum 125-jährigem Jubiläum

Der Familienbetrieb Inge Grote wurde als Tischlerei gegründet. Ururenkel Jacob-Heinrich Grote kümmert sich inzwischen auch um digitale Nachlässe.

Der Urgroßvater hatte früher eine Kerze genommen, ging damit zum Friedhof, stellte sie auf den Sarg des Verstorbenen und begann mit der Trauerfeier – das war die einzige Dekoration, die er benötigte. Heute fährt Urenkel Jacob-Heinrich Grote mit einem Auto voller Kerzen, Vasen, Blumen, Tüchern und noch vielen mehr zur Trauerstätte. „So wie sich die Gesellschaft verändert hat, so hat sich auch Bestattungskultur mit gewandelt“, erzählt der 30-Jährige. 125 Jahre befindet sich das Bestattungshaus Inge Grote nun in Familienhand und wird von ihrem Enkel und dessen Ehefrau Anne (28) in die Zukunft geführt.

„Es war nicht immer ein reines Bestattungshaus“, erzählt Jacob-Heinrich Grote. „1894 baute mein Ururgroßvater Ernst Grote die Tischlerei an diesem Standort.“ Früher sei es noch so gewesen, dass der Tischler die erste Anlaufstelle war, sobald jemand verstorben war. Er hatte die Aufgabe den Sarg herzustellen. Der offene Sarg wurde dann bis zur Beerdigung in der Diele der Angehörigen aufgebahrt, sodass sie die Zeit hatten, Abschied zu nehmen, so der Bestattermeister.

Die Nachbarn übernahmen die Aufgaben des Bestatters

Die Nachbarn übernahmen all die wichtigen Aufgaben für die Trauerfamilie: Sie versorgten das Vieh, brachten den Trauernden Essen und richteten den Verstorbenen her. Außerdem sorgten sie dafür, dass alle Verwandten und weitere Nachbarn von dem Trauerfall erfuhren.

Von 1960 bis 1990 wurde die Tischlerei unter dem Nachkommen Heinrich Grote immer weiter ausgebaut, das Bestattergewerbe lief nebenbei – bis 1984. „Es war nicht mehr zu schaffen“, sagt der heutige Inhaber Jacob-Heinrich Grote. Die Gesellschaft hatte sich verändert; die gute Nachbarschaft war nicht mehr die Regel.

„Vorher liefen die Beerdigungen immer nach dem Schema F ab“, ergänzt Anne Grote. Dann kam die Zeit, in der immer mehr Formalitäten erledigt werden mussten: eine größere Auswahl an Bestattungsformen, Terminabsprachen mit dem Pastor, gucken, wann der Friedhof frei sei – all das sind die heutigen Aufgaben des Bestatters, so die Fachwirtin fürs Bestattergewerbe.

Die Tischlerei wurde in zwei Firmen aufgeteilt

Deshalb gab es vor 35 Jahren eine Trennung der Geschäfte. Inge Grote wurde Inhaberin. „Sie hat den Laden mit starker und erfolgreicher Hand geführt“, erinnert sich Enkel Jacob-Heinrich. Hilfe bekam sie in der Zeit von ihrem Mann und dem Schwager Ernst Grote, der auch das Geschäft 2004 von ihr übernahm.

Schon während der Schulzeit habe er ständig in der Firma ausgeholfen, sagt Grote. Als er gefragt wurde, ob er die Firma weiterführen möchte, wollte er das nur mit einer Ausbildung tun. „Es ist nicht üblich, dass Bestatter eine Ausbildung haben“, so der Inhaber. Für ihn gehöre diese aber dazu. So schloss Grote nicht nur die Lehre zum Bestatter ab, sondern machte anschließend noch seinen Meister. „Wir setzen auf Qualifikation. Auch unsere Mitarbeiter besuchen regelmäßig Fortbildungen.“

Der Beruf des Bestatters geht vor

Mittlerweile beschäftigt das Familienunternehmen drei Auszubildende. „Am wichtigsten war uns die Persönlichkeit. Ein Bestatter muss Empathie empfinden und mit Menschen umgehen können“, sagt Grote. „Der Beruf härtet nicht ab, wie viele vielleicht denken. Dennoch müssen wir Halt geben können. Und den vermitteln wir nicht, wenn wir uns in jedem Gespräch mit Angehörigen von Emotionen leiten lassen.“

Erst dann komme das kaufmännische Verständnis, denn Bestatter verwalten auch den Nachlass. Er schließe Konten ab, kümmere sich um Abo-Kündigungen und auch um den Internetauftritt des Verstorbenen. Aber bei einer Sache müsste sich ein Bestatter sicher sein: Der Beruf stehe über allem. Wenn nun an Weihnachten beim gemütlichen Beisammensein das Firmenhandy klingeln sollte, dann „wird alles stehen und liegen gelassen“, so Grote.

 

Quellenangabe: https://www.nw.de/lokal/kreis_minden_luebbecke/luebbecke/22639150_Aus-der-Tischlerei-wurde-ein-Bestattungshaus.html

Autorin des Textes: Anastasia von Fugler

Fotografin: Anastasia von Fugler